Andi
Claude Lanzmann: Shoah
...dann steigt ihr als Rauch in die Luft dann habt ihr ein Grab in den Wolken da
liegt man nicht eng in den Lüften da liegt man nicht eng (1)
Shoah, der Titel von Claude Lanzmanns neunstündiger
Dokumentation, meint Zerstörung oder Vernichtung
und ist die jüdische(2) Bezeichnung für die systematische
Ermordung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden während des
Nationalsozialismus. Lanzmann, 1925 in Frankreich geboren, Philosoph und Freund
Sartres, hat für die Produktion dieses Filmes 11Jahre benötigt
1974 bis 1985. Er hat dreieinhalb Jahre in 14 Ländern recherchiert,
fünf Jahre lang gedreht; das Material von über 350 Std. wurde in vier
Jahren geschnitten.(3) Aufgrund dieser Zahlen könnte man davon
ausgehen, Lanzmann habe akribisch Daten und Fakten aneinandergereiht, um so das
volle Ausmaß der Vernichtung begreifbar machen zu wollen. Genau das zeigt
Shoah nicht mit Absicht.
Du sollst dir kein Bildnis machen. Dieser eigentlich religiösen Regel
scheint Lanzmann gefolgt zu sein, weil er sich des Problems bewußt war,
das die Schilderung und Vermittlung des Holocausts durch ästhetische
Aneignung nach sich ziehen kann. Er selbst schrieb in einem Essay über die
Fernsehserie Holocaust von 1978: Der Holocaust ist insofern
beispiellos, als er einen Flammenkreis um sich herum errichtet, eine Schranke,
die nicht überschritten werden kann, weil ein bestimmtes absolutes
Entsetzen nicht vermittelt werden kann. Wer vorgibt, diese Linie zu
überschreiten, macht sich eines schweren Vergehens
schuldig.
(4) Sein Film überschreitet die Linie nicht, er
bestimmt sie.
Die Dokumentation wirkt anfangs konfus. So als seien die Sequenzen aus
Interviews, Landschaftsbildern und Darstellungen der Vernichtungslager beinahe
zufällig aneinandergereiht.Aber eben diese scheinbare Konfusion ist es,
die verhindert, eine Unmittelbarkeit darzustellen, wie es in Dokumentationen
sonst üblich ist, sondern sie etabliert vielmehr eine fortwährende
Reflektion, und entkommt so dem Problem, eine bloße Historisierung zu
werden. Sie zwingt den Betrachter, sich mit dem Unvorstellbaren
auseinanderzusetzen, ohne gleichzeitig in das fast zwangläufige Paradox zu
geraten, es sich vorstellbar zu machen, welches allen medialen Rezeptionen der
Shoah innewohnt. Sie will keine Vergangenheit rekonstruieren, um sie dadurch
gewollt oder nicht gewollt fassbar zu machen. Viele, wenn nicht
alle Dokumentationen und Filme, die das gleiche Thema behandeln, machen diesen
Fehler, sie machen fassbar, was unfassbar ist, lassen das Unbegreifbare
begreifen. Saul Friedländer nennt diese Art der historischen
Wissensbildung über die Shoah: die Fassungslosigkeit zu
domestizieren [und so] wegzuerklären
(5). Was würde auch all das Wissen darum bringen, die grauenhafte
Erfahrung bliebe doch nur äußerlich.
Die Wahrheit von Shoah bleibt unbegriffen, notwendigerweise. Diese
neun Stunden sorgen gerade nicht dafür, einem zu vermitteln, man
könne das Thema, die industrielle Vernichtung der europäischen
Jüdinnen und Juden, nun abhaken im Gegenteil, die Dokumantation
arbeiten gegen diesen allgemeinen Trugschluß. Sie kämpft gegen die
ständige Argumentation, man hätte die Vergangenheit aufgearbeitet und
somit bewältigt
(6), nun, da man sich so viel Wissen über sie
angeeignet habe. In Bezug auf die reine Faktizität sagte der Historiker
Raul Hilberg noch 2006, wir wüssten noch nicht einmal 20% über den
Holocaust.Weil Lanzmann das schon 1974 ahnte, wollte er es bewusst unterbinden,
beim Betrachter ein Gefühl der Wissensättigung auszulösen.
Ein Jahr lang las ich [...], was ich in den Archiven auftreiben konnte.
[...] Und ich habe einen Begriff vom Ausmaß meiner Unkenntnis bekommen.
[...] Sie wissen nichts, Sie kennen ein Ergebnis: Sie wissen, daß sechs
Millionen Juden umgekommen sind, das ist alles.
(7) Lanzmann hat
das Dilemma begriffen, daß reine Tatsachenaneinanderreihung nur der
Verdinglichung des Bewußtseins über den Holocaust vorschub geleistet
hätte
(8), aber eine Dokumentation nicht ohne Tatsachen auskommt.
Deshalb sind es auch nicht die im Film vermittelten Fakten, sondern ihre Art
der Darstellung, die die Singularität des Holocausts verdeutlichen.
Es werden absichtlich keine Analysen oder Interpretationen eingestreut, um so
konventionelle Reaktionen und Erklärungsmuster seitens der Zuschauer zu
verhindern. Die Jahre vor der Vernichtung finden kaum Erwähnung. Lanzmann
sagte selbst, er habe keinen idealtypischen Film gemacht. Daß er keinen
Film mit metaphysischen und theoretischen Reflexionen über das Warum
machen wollte. Er nennt den Film im originären Sinne des Wortes
bodenständig, einen topographischen und geographischen Film. Ihm
ging es um die Verbindung von Wissen und Sehen als Ansatzmöglichkeit des
Begreifens. Wenn man nach Auschwitz fährt, ohne etwas über Auschwitz
und die Geschichte des Lagers vorher zu wissen, wird man nichts sehen. Ebenso
wird man nichts verstehen, wenn man ausschließlich Fakten über
Auschwitz kennt, aber nicht dort gewesen ist. Laut Lanzmann ist Wissen vom
Sehen nicht zu trennen und umgekehrt. Das Problem der Orte ist für ihn
wesentlich. Zentral dafür sind einzig die Konzentrationslager: Das
Gerüst des Films ist die Radikalität des Todes. Ist letztendlich die
Vernichtung..
Deswegen hat er ausschließlich Zeugen interviewt, die unmittelbar mit den
Schaltstellen der Vernichtung in Berührung kamen
(9) oder selbst welche waren. Man merkt es aber den ganzen Film über,
daß genau diese Nähe es den Überlebenden so schwer machte,
allgemeinverständlich darüber zu erzählen. Der anfängliche
Grundgedanke Lanzmanns erscheint einem selbst zu Beginn noch sehr plausibel: Je
näher sie diesem Grauen waren, umso besser sollten sie es beschreiben
können. Aber umgekehrt ist es der Fall: Es fällt den Opfern durch
diese Nähe gerade umso schwerer, davon zu berichten. Nicht, weil sie es
nicht wollten, sondern weil sie in Grenzzonen von Erfahrung gelebt
haben. Denn sogar abgesehen von ihrem eigenen Leid und der Qual der Erinnerung,
wie soll man von etwas berichten, von dem man gerade durch die Nähe zu ihm
weiß, daß es sich aufgrund seines Wesens jeder Schilderung
entzieht. Erst die Distanz macht es beschreibbar, aber muß so auch
zwangsläufig das Wesen verfehlen. Genau das ist die Erkenntnis, die man
Shoah entnehmen kann.
Das Wort untröstlich wird hier, durch die Erzählungen der
Überlebenden, auf seinen Grund zurückgeführt. Nicht nur durch
das, was sie erzählen die vielen Fakten über grenzenlos
sadistische Quälereien, grausame Tötungstechniken, perfide
Täuschungsmanöver (um die Todgeweihten nicht auf dem Weg in ihren Tod
nicht noch kurz davor in Panik zu versetzen
(10)) , sondern es
sind die Stimmen, die Gesichter und die unvergessene und wohl auch
unvergessbare Detailliertheit der Erinnerungen, die eine Ahnung davon
vermitteln, wie untröstlich all dies tatsächlich
war und ist.
Die anderen Zeugen, Simone de Beauvoir nennt sie in ihrer Rezension des Films
Techniker
(11), also jene, die selbst aktive Schaltstellen
waren, werden ebenso gezeigt. Aber nie direkt in Verbindung mit den Opfern. Die
Interviews sind so montiert, daß zwischen ihnen immer eine Pause besteht,
zeitlich und dramaturgisch. Lanzmann hätte alles andere obszön
empfunden.
Den SS-Unterscharführer Franz Suchomel und den SS-Mann Franz Schalling
nimmt er heimlich auf. Diese denken, es handle sich um ein Interview, das
verschriftlicht und anonymisiert würde. Suchomel schildert über
verschiedene Szenen hinweg seine Aufgabe im Lager, berichtet von Transporten,
Hinrichtungen und Vergasungen. Er stellt alles sehr nüchtern dar; der
perfekte, stereotype Alt-Nazi, jegliche Empathie geht ihm ab, Verwantwortung
will er nicht gehabt haben. Er kaschiert seine Lügen und die heimliche
Begeisterung für die gute alte Zeit nur äußerst
schlecht. Als er von der Treblinka-Hymne erzählt, muß Lanzmann nicht
insistieren, damit er diese auch sogleich anstimmt mit einem Leuchten in
seinen Augen.
Die Personen, für die man gemeinhin den Begriff
Schreibtischtäter benutzt, sind Walter Stier, ehem. Chef des
für die Transporte der Juden in die Vernichtungslager zuständigen
Büro 33 bei der Reichsbahn und Dr. Franz Grassler. Letzterer
ist der direkte Assistent Heinz Auerswalds, welcher das Warschauer Ghetto
verwaltete. Somit war Grassler in der Hierarchie der zweite
Entscheidungsträger in ganz Warschau. Er kann kaum eine Frage beantworten,
denn er will sich nur noch ganz allgemein erinnern. Ihm fällt lediglich
die gute Zusammenarbeit mit den Juden im Ghetto ein. Details habe er vergessen.
Er beharrt darauf, daß es den Juden im Ghetto gut ging, auch wenn die
Umstände zunehmend schwieriger wurden da er diesen ein
gutes Talent für Selbstorganisation attestierte. Auch all seine Lügen
sind mehr als offensichtlich, an seiner Mimik und der brüchigen Stimme
ablesbar.
Walter Stier erzählt von Sonderzügen, die Gruppenreisende für
Ausflüge und Ferienreisen zum halben Preis mieten konnten. Er beschreibt
damit die Deportationszüge in die Konzentrationslager. Raul Hilberg
ergänzt diese schwammige und abstrakte Ausführung Stiers in der
nächsten Szene. Er erklärt, daß für jeden Zug ein
örtliches Reisebüro beauftragt wurde und die Jüdinnen und Juden
den Status des/r Ferienreisenden bekamen. Die Deportation mussten sie selbst
zahlen, denn die Reise wurde aus Geldern finanziert, welches die Gestapo von
ihnen beschlagnahmte.
Lanzmann hat in sämtlichen Interviews mit den Tätern erreicht, worauf
es ihm ankam: Die Lügen offenzulegen und den grotesken Hang zur
Organisation, zur Planung und Bürokratie sichtbar zu machen ihre
Schilderungen diesbezüglich wirken allesamt, als würden sie
völlig vom Gegenstand ihrer Organisation abstrahieren. Die
Schreibtischtäter leugnen, irgendwas von der Konsequenz ihrer
Planung gewußt zu haben. Stier will höchstens etwas von
Arbeitslagern geahnt haben, in denen seine Züge endeten. Daß alle
Züge, die von den Lagern zurück in ihren Bahnhof fuhren, bis zum
Kriegsende immer leer waren, irritierte in nicht.
Es gab auch noch jene Grenzgänger, die irgendwas zwischen Täter und
Opfer oder weder noch waren. Ein Lokführer der Todeszüge nach
Treblinka erzählt davon, daß er die Schreie der verdurstenden Kinder
in den Waggons hinter ihm kaum ertrug. Er musste von den Deutschen während
der Arbeit permanent mit Vodka versorgt werden.
Oder eine deutsche Frau mit rheinischem Akzent, die Lastwagen, welche vor dem
Bau von Gaskammern in Chelmno
(12) zum Vergasen genutzt worden sind,
gesehen hat. Sie berichtet davon, die schwächer werdenden Schreie der
Erstickenden gehört zu haben. Lanzmann fragt sie direkt danach, warum sie
damals in diese Gegend Polens gegangen sei und sie antwortete
Unternehmungslust.. Lanzmann hakt nach und fragt, warum sie so weit
fort von ihrer Heimat gegangen sei, in eine unterentwickelte Gegend, wo es
keine Toiletten gab. Sie stimmt geistesabwesend zu und spricht von einer
Katastrophe damit meint sie die fehlenden Toiletten.
Die Frage nach der Anzahl der dort vernichteten Juden kann sie
pflichtbewußt beantworten: Es war was mit vier ..., sie
muß kurz nachdenken und sagt dann: Vierhunderttausend. Ja,
irgendwas mit vier war es. Traurig. Traurig. Traurig.
Lanzmann konnte durch weitere Recherchen schließlich einen der
Gaswagenfahrer ausfindig machen. Er der Gaswagenfahrer wurde von
seinen Nachbarn gewarnt, so daß Lanzmann nur diese antraf. Es ergab sich
dadurch mit einer (jungen) Nachbarin der folgende Dialog:Wissen Sie
eigentlich, wer ihr Nachbar ist? Er ist ein sehr guter
Nachbar. Wissen Sie auch, was er im Krieg getan hat?
Das interessiert mich nicht. [...] Er ist verantwortlich
für den Tod von vierzigtausend Juden. Jeder hat sein
Privatleben..
Ebenso kommt Jan Karski sehr ausführlich zu Wort (40 Minuten). Karski war
damals aufgrund seiner Sprachkenntnisse Kurier der polnischen Exilregierung. Er
berichtet von seinen Treffen mit Vertretern einer zionistischen Organisation
aus dem Warschauer Ghetto. Sie schleusten ihn zweimal durch Abwasser-Tunnel
dort ein, mit der Hoffnung, daß er die gewonnen Eindrücke an den
polnischen Untergrund und die Alliierten weitergeben könne. Die
Widerstandskämpfer im Ghetto erhofften sich durch den Bericht der
Zustände Waffenlieferungen vom polnischen Untergrund und eine Intervention
seitens der Alliierten. Ihre konkreten Forderungen, die sie Karski mitgaben,
lauteten:
1. Änderung der alliierten Kriegsstrategie und die Herstellung einer
Öffentlichkeit für die Judenvernichtung
2. Bewaffnung der Juden
3. Unterstützung durch internationale jüdische Führer
Karski kann kaum zum Ausdruck bringen, was er im Ghetto sah. Er hangelt sich an
Gemeinplätzen (unmenschliche Zustände) und vielen
Einzelbeschreibungen entlang er erzählt, daß er überall
Tote nackt herumliegen sah und die lebendigen Menschen gar nicht mehr als
solche erkannte , aber die vorrangige Information entnimmt man seinem
Gesicht, das nach über dreißig Jahren noch immer einen ungebrochenen
Schrecken über das Gesehene ausdrückt; ebenso wie es noch immer die
unfassbare Enttäuschung über das Misslingen seiner Mission
ausdrückt. Denn er informierte nach seiner Rückkehr die polnische
Exilregierung sowie die britische und amerikanische Regierung (er sprach sogar
persönlich mit Roosevelt), aber seine Erzählungen wurde als
Übertreibungen und Lügen zurückgewiesen
(13). Vor diesem
Hintergrund muß er immer wieder an die Worte denken, die ihm
eingebläut wurden, während er die Barbarei versuchte aufzunehmen:
Vergessen Sie nicht, was sie hier gesehen haben, vergessen Sie nicht, was
sie hier gesehen haben! Schrecken und Enttäuschung wirken bei ihm
auch deswegen so ungebrochen nach, weil er nach dem Scheitern des Vorhabens und
bis zu seinem Interview für Shoah noch nie über diese
Ereignisse gesprochen hat er war nicht fähig dazu. Claude Lanzmann
mußte ein Jahr lang in Briefen und Telefongesprächen Karski davon
überzeugen, sein Schweigen zu brechen.
Die letzte Szene des Films ist ein Zeugenbericht von Simha Rottem, einem der
wenigen Überlebenden des Aufstandes im Warschauer Ghetto. Er sieht sich
inmitten der Ruinen und Trümmer des Ghettos stehen und erinnert sich an
den Gedanken, der ihm dabei kam: Ich bin der letzte Jude.
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Shoah (Frankreich 1985). Regie: Claude Lanzmann. Vier DVDs mit
Beiheft, erschienen bei Absolut Medien, 75 Euro
Anmerkungen
(1)
Aus dem Gedicht Die Todesfuge von Paul Celan
(2) Geprägt wurde die hebräische Bezeichnung Schoah in Israel, auch in
Abgrenzung zum Begriff Holocaust (vgl. D. Claussen; Grenzen der
Aufklärung, Frankfurt am Main: Fischer (2005))
(3) Aus dem Material, das er nicht für Shoah verwendete, machte
er noch zwei weitere Dokumentarfilme: Sobibór (2001), der von dem Aufstand im gleichnamigen Konzentrationslager
handelt; und a visitor from the living (1997), ein Interview mit einem Mitarbeiter des Internationalen Roten
Kreuzes, der in dessen Auftrag Auschwitz und Theresienstadt inspizierte.
(4)
Lanzmann, Claude; From the holocaust to holocaust, in: Dissent 28 (1981), H. 2, S. 88-194.
(5)
Friedländer, Saul; Die Jahre der Vernichtung; München: Beck Verlag
(2006), S. 25
(6) Vgl. Adorno, Theodor W.: Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit; In:
Eingriffe. Neun kritische Modelle; Frankfurt am Main: Suhrkamp (1968), S.
125-146.
(7)
Lanzmann in einem Interview 1985. Alle anderen Zitate, soweit nicht anders
gekennzeichnet, sind demselben Interview entnommen.
(8)
Alle Verdinglichung ist ein Vergessen schrieben Adorno und Horkheimer bereits 1947 in der Dialektik der Aufklärung
(9)
Also Jüdinnen und Juden, die durch ihre Arbeit im Konzentrationslager in
unmittelbarer Nähe zur Vernichtung waren. Z.B. als sog.
Sonderkommandos mußten sie die Leichen aus Gaskammern transportieren, Leichen von
der Gaskammer ins Krematorium bringen, bereits vergrabene Leichen exhumieren
und verbrennen.
(10)
So berichtet der Friseur Abraham Bomba davon, wie er direkt vor der Gaskammer
unzähligen Menschen den Kopf rasieren mußte, damit diese glaubten,
es folge nur eine hygienische Maßnahme. Er bekam die Anweisung, den
Haarschnitt ordentlich und akkurat durchzuführen, damit kein Verdacht
geschöpft würde. Als er anfängt zu erzählen, wie er selbst
seiner Frau und seiner Schwester die Haare schneiden mußte, bricht er
zusammen.
(11)
Lanzmann selbst sagte, er sprach mit den Tätern niemals moralisch oder in
Vorwürfen, er nannte es eine technische Ebene. Diese Ebene ermöglichte erst ein offenes Gespräch, da die
Deutschen in ihrer Begeisterung für die Bürokratie, perfekte
Organisation und den reibungslosen Ablauf (der Vernichtung)
erzählfreudiger waren.
(12)
In Chelmno, auf der Schlossanlage der Stadt wurde das Vernichtungslager Kulmhof
eingerichtet. Auf diesem Gelände wurden in der Zeit zwischen Dezember 1941
und Januar 1945 kontinuierlich Juden sowie Sinti und Roma vernichtet.
(13) Vgl. das Buch von E. Th. Wood und S. M. Jankowski: Jan Karski Einer gegen den Holocaust; Stuttgart: Bleicher Verlag (1997)