liberté toujours
Ist Dir kalt oder hast Du was gegen Juden?
Das ist die Frage, die man Dir tatsächlich so stellen möchte, wenn
man Dir auf der Straße begegnet. Warum? Du trägst ein
Palästinensertuch. Und so kuschelig und praktisch und warm dieses
Stück Stoff auch sein mag, es ist nicht irgendein Tuch, das Du Dir da
umgeschlungen hast, sondern es ist eindeutig konnotiert. Eben nicht nur nettes
Modeaccessoire, eben nicht nur praktischer Schalersatz für die kalten
Tage, sondern ein Kleidungsstück mit Geschichte. Um also zu erklären,
warum man Dir eine so ungeheuerliche Frage stellt denn es ist Winter,
Dir ist kalt und natürlich hast du überhaupt nichts gegen Juden
muß man zuerst klären, wofür dieses Tuch eigentlich
steht:
Das Palituch in den palästinensischen Autonomiegebieten
Ungefähr um 1936 begann der als Mufti von Jerusalem bekannte Amin
el-Husseini, das sogenannte Palästinensertuch bei der Bevölkerung
durchzusetzen. Gefoltert und/oder getötet wurden diejenigen, die sich dem
allgemeinen Zwang nicht beugen wollten und weiterhin europäische Hüte
spazierentrugen oder einen westlichen Kleidungsstil pflegten. El-Husseini war
einer der engsten Verbündeten der Muslimbruderschaft, die bis heute den
ideologischen als auch den organisatorischen Kern der islamistischen Bewegung
bildet, die Gruppen wie al Qaida oder eben Hamas umfasst. Ihr gemeinsames Ziel
ist der Widerstand gegen die kulturelle Moderne. Das Tragen des
Palituchs ist Ausdruck einer Abkehr vom Westen, die die Rückbesinnung auf
die eigene Kultur beabsichtigt und der eben auch die Homogenisierung der
Menschen durch diese nennen wir es euphemistisch Kleiderordnung
dient. Im Prinzip ist die Aussage, die durch diese Tücher gemacht
wird, ganz einfach: Wir gehören zusammen, wir sind ein Volk und daraus
folgt, dass wer sich weigert als Feind behandelt wird. Es geht nicht nur darum,
eine eigene Kultur in Koexistenz aufzumachen, sondern um die Bekämpfung
des Westens. Der Westen meint in diesem Fall besonders Israel und die
USA, gegen die in der gesamten muslimischen Welt in den Moscheen der Djihad
(Heiliger Krieg) ausgerufen wird. Nicht nur für Arafat, die Hamas,
Hizbollah, Bin Laden und Hussein gilt einhellig: Frieden bedeutet
für uns die Zerstörung Israels. (Arafat 1980) Die ganze muslimische
Welt soll sich solidarisieren und identifizieren: Wir sind alle Muslime.
Wir werden alle unterdrückt. Wir werden alle gedemütigt. (...) 1,3
Milliarden Moslems können nicht durch ein paar Millionen Juden besiegt
werden. (Mahathir Bin Mohamad, Premierminister von Malaysia auf der
islamischen Spitzenkonferenz 2003). Der Kampf der Islamisten gegen die Juden
und gegen Israel kann ebenfalls auf eine längere Geschichte
zurückblicken. Die erste große Mobilisierungskampagne der
Muslimbrüder gegen Juden und Zionisten fand 1936 in Palästina
statt. Mit Parolen wie Nieder mit den Juden und Juden raus aus
Ägypten und Palästina wurde damals das bis heute nicht
veränderte Ziel artikuliert und in Angriff genommen, diese Länder von
jüdischen Menschen zu säubern.
Konsequenterweise richtet sich der Kampf heute vor allem gegen den Staat
Israel. Dieser Kampf besteht im wesentlichen aus Selbstmordattentaten
gegen die Zivilbevölkerung. Unterschiedslos wird gemordet, in Kinos,
Restaurants, oder in der Disko. Je mehr desto besser, denn einen Falschen kann
es aus dieser Perspektive nicht treffen. Hauptsache, man erwischt so viele
Juden wie möglich. Den Islamisten bedeutet Israel Sittenzerfall,
Individualismus, Eigennützigkeit, Kapitalismus, Zersetzung, Macht
kurz: ein seit fünfzig Jahren bestehendes Verbrechen. (Bin Laden,
2001)
Individualität und die Wahrnehmung eigener, auch kommerzieller
Interessen, also nicht gerade die schlechstesten Hervorbringungen des
Kapitalismus, werden, antisemitischen Denkmustern entsprechend, mit den Juden
identifiziert. Diese gemeinschaftsschädigenden Eigenschaften, die auch
gerne als jüdisches Prinzip bezeichnet werden, werden auch in den
eigenen Reihen aufs Schärfste verfolgt. So wurden in der 1. Intifada mehr
Palästinenser von den eigenen Leuten ermordet als von der israelischen
Armee, weil sie tatsächlich oder angeblich kollaborierten, oder auch wegen
Drogenkonsum, Videohandel und Prostitution. (vgl. Bündnis des
Grauens in Jungle World 49/ 2002)
Jedes Streben nach Vergnügen und individuellem Glück wird verfolgt
und als Bedrohung des Glaubens angesehen oder gleich als Kollaboration mit dem
Feind, die mit dem Tod bestraft wird. Emanzipative Regungen von Frauen sind
daher von vorneherein ausgeschlossen, und Queers sehen lieber zu, dass sie sich
auf den Weg nach Israel machen, denn ein Christopher-Street-Day ist in Nablus
oder Ramallah undenkbar, in Tel Aviv aber wird auf den Straßen wird
getanzt, getrunken und in Sachen Kleidungsstil sind der Phantasie keine Grenzen
gesetzt. Die fortschreitende Homogenisierung und Islamisierung verlangt die
absolute Identität des Einzelnen mit der Gemeinschaft. Das Individuum gilt
nichts, das Kollektiv, das Volk ist alles. Jeder hat sich dem Zwang der
Gemeinschaft mit ihren Gesetzen und Werten zu fügen. Die
Selbstmordattentate sind der Endpunkt dieser Identifizierung. Angeblich soll
der Kampf gegen Israel einer sein, der das palästinensische Volk endlich
von Leid und Unterdrückung befreit, doch die eigentliche Befreiung bezieht
sich nicht auf die diesseitige Welt deshalb sind diesseitige Freuden
verpönt sondern auf ein Jenseits. Die palästinensischen Kinder
werden entsprechend indoktriniert. In einem Fernsehbericht der
palästinensischen Autonomiebehörde antwortet eine 12jährige auf
die Frage, ob sie Rechte für Palästinenser oder das Leben nach dem
Tod bevorzugt: Natürlich ist die Shahada [das islamische
Glaubensbekenntnis, im weiteren Sinne/in diesem Fall der Tod als Märtyrer
im Heiligen Krieg] eine gute Sache. Wir wollen diese Welt nicht, wir wollen das
Leben nach dem Tod. Wir profitieren nicht von diesem Leben, sondern vom Leben
nach dem Tod... Die Kinder Palästinas haben die Idee akzeptiert, dass die
Shahada dies bedeutet und der Tod durch die Shahada [das Glaubensbekenntnis =
Märtyertum] sehr gut ist. Jedes palästinensische Kind im Alter von,
sagen wir 12 Jahren, sagt: Oh Allmächtiger ich möchte gerne ein
Shahid [Zeuge=Märtyrerer] werden. (International Jerusalem Post,
24.1.2003) Nichts ist der Idee von individuellem Glück mehr
entgegengesetzt als das Selbstmordattentat. Die Ausführenden werden als
Märtyrer gefeiert und beneidet, weil sie sich für die Gemeinschaft
opfern. Das Menschenopfer wird verherrlicht und wurde von Saddam Hussein einst
durch 25 000 Dollar für die Familie des Märtyrers belohnt. In der
Hamas-Charta heißt es: Die Befreiung wird nicht vollendet werden
ohne Opfer, Blut und Djihad, der bis zum Sieg fortgesetzt wird. Die Befreiung
meint offensichtlich nichts anderes als Vernichtung.
Parolen wie Juden raus, Begriffe wie das jüdische Prinzip
oder das Ideal der homogenen Volksgemeinschaft erinnern nicht nur an den
deutschen Nationalsozialismus; angefangen von einer langbewährten
Zusammenarbeit zwischen Amin el-Husseini, der ein enger Freund Himmlers war,
und der Nazi-Führung gibt es bis heute diverse ideologische
Übereinstimmungen mit den Nazis. So wurde beispielsweise der Aufstand 1936
in Palästina von den Nazis finanziell und durch Waffenlieferungen
unterstützt. Auch die Protokolle der Weisen von Zion wurden neu
aufgelegt und verbreitet, ein eigentlich fiktives Dokument, in dem alles
enthalten ist, was der wahnsinnigen Abstempelung der Juden zum
Weltübel dient (mehr Info unter
www.shoa.de/weisen_von_zion.html).
Daran angelehnt heißt es in der 1988 verabschiedeten Charta der Hamas :
Die Juden standen hinter der Französischen Revolution und hinter der
Kommunistischen Revolution, (...) hinter dem ersten Weltkrieg, um so das
islamische Kalifat auszuschalten (...) und standen auch hinter dem zweiten
Weltkrieg, in dem sie immense Vorteile aus dem Handel mit Kriegsmaterial zogen.
(...) Es gab keinen Krieg an irgendeinem Ort, der nicht ihre
Fingerabdrücke trüge.
Für die Verabschiedung der Nürnberger Rassegesetze erhielt Hitler
Glückwünsche aus der gesamten arabischen Welt, besonders aus
Palästina. Dort ist die Naziliteratur von Mein Kampf bis zu den
Protokollen der Weisen von Zion noch immer auf den Bestsellerlisten. In
der arabischen Welt gab es keinen Schock durch eine alliierte Besetzung, die
die Kontinuität des Antisemitismus wenigstens oberflächlich
verunmöglichte, je nach ideologischem Bedarf wird die Vernichtung der
europäischen Juden entweder affirmiert oder geleugnet, ohne dass der
Widerspruch benannt würde. Das palästinensische Selbstmordkollektiv
stellt sich als Gemeinschaft der Unterdrückten dar, die sich das Recht auf
Notwehr suggeriert. Die größte Bedrohung ist ihnen Israel und das
Weltjudentum (das vor allem in den USA zuhause ist). Durch die konsequente
Leugnung der Shoa kann die Gr ündung Israels nur mit Rückgriff auf
antisemitische Verschwörungstheorien erklärt werden: die Teilung
Palästinas 1947 gilt als internationales Komplott und das
unmittelbar nach Stillegung der Gaskammern! Dabei wurde Israel zum Schutz
jüdischer Menschen weltweit gegründet, damit Auschwitz sich nicht
wiederhole und nichts ähnliches geschehe. Einer Gesellschaft, in der die
Meinung vorherrscht, Israel sei völlig unrechtmäßig vom Himmel
gefallen und hartnäckig das Gerücht verbreitet wird, es handele sich
um eine Besatzermacht, liegt Verhandlungsbereitschaft fern. Wen wundert es bei
dieser Dämonisierung von Israel, die von Schulbüchern und Comics bis
zu offiziellen Äußerungen reicht, dass Friedensverhandlungen so
wenig Erfolg haben? Die 2. Intifada brach vor Abschluß der
Camp-David-Verhandlungen 2000 aus, bei denen Barak Arafat die bislang
größten Angebote machte. Und dieser Verlauf setzt sich fort.
Das Palituch in Deutschland
Das Tragen des Palituchs hat in der deutschen Linken eine lange,
fragwürdige Tradition. Linke behaupten gerne, es ginge in diesem Kampf um
die Befreiung des palästinensischen Volkes von der israelischen
Unterdrückung. Die Solidarität mit nationalen Befreiungsbewegungen
galt und gilt immer nur der Befreiung ganzer Völker und nie der einzelner
Menschen. Dass diese Befreiungsbewegungen fast ausnahmslos antisemitisch waren,
hat dabei nie jemanden interessiert, wichtig war, dass sie sich gegen den
Westen wandten und damit vor allem gegen die USA, die als Verkörperung des
Westens und seiner Werte gelten. Die Solidarität mit einem Volkskollektiv
kennt keine Einzelnen, sondern erwartet von ihnen, mit ihrer Kultur identisch
zu werden. Diese linken Volksliebhaber kümmert es dabei weder, dass
Intellektuelle aus dem Maghreb die französische Sprache um ihrer
Komplexität willen schätzten, noch dass viele türkische Frauen
das Kopftuch vielleicht ihrer Kultur, aber ihrer selbst nicht unbedingt
angemessen finden. Deutsche Linke stellen sich offensichtlich Menschen aus dem
nicht-westlichen Teil der Welt immer nur als Opfer vor, niemals aber als
Subjekte, die sich für ein Leben jenseits ihres angestammten Kulturkreises
entscheiden könnten. Sie schreiben sie auf ihre Kultur fest und
praktizieren damit einen Rassismus, der als Multikulturalismus auftritt.
Palituchträger zeigen sich völlig ignorant gegenüber der
Tatsache, dass Israel der einzige Ort dieser Welt ist, wo Juden von einem Staat
mit einer Armee vor antisemitischen Übergriffen in der ganzen Welt
geschützt werden. Das, was sie sich als die Befreiung Palästinas
vorstellen, ist nichts anderes als die Befreiung der Palästinenser von den
Juden, vom jüdischen Prinzip, und damit deren eigenen materiellen
Wünschen und Bedürfnissen, da das Selbstmordattentat es
ausschließt, die Früchte dieser sogenannten Freiheit noch selbst
genießen zu können.
Ob Du willst oder nicht, solange Du dieses Tuch trägst, symbolisierst Du
damit Dein Einverständnis und Deine Unterstützung des Kampfes gegen
Israel und die Juden und der Mittel, mit denen er geführt wird. Du stellst
Dich auf die Seite derer, die den Frauen nicht einen gleichberechtigten Platz
in der Gesellschaft zugestehen wollen, sondern die jeden Menschen zwingen, sich
den Ansprüchen ihrer*seiner Kultur zu fügen, wie menschenverachtend
sie auch immer sein mögen. Kurz: Du stehst damit auf der Seite von
Unterdrückung und Gewalt und nicht auf der von Individualität und
Freiheit.
Deswegen: runter mit dem Palituch!
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Kontakt:
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Grundlegende Literatur
Matthias Küntzel, Djihad und Judenhass, ca ira Verlag, Freiburg 2002
Matthias Küntzel: Bündnis des Grauens. Die Nazis und der Islamismus
in Palästina:
http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_2002/49/32a.htm
Amin Mohammed al-Husseini und die islamischen Divisionen der Waffen-SS:
http://www.adf-berlin.de/html_docs/berichte_deutschland/muslim_nazi.html